Am 23. November ist Wolfgang Jantzen verstorben. Er hat mich seit Mitte der 1970er Jahre in meinem ganzen Berufsleben begleitet mit seinen Fortbildungen und Fachberatungen, vielen persönlichen Gesprächen und mit seinen unzähligen Veröffentlichungen. Seine „Gelben Seiten“, die Allgemeine Behindertenpädagogik, war ein bahnbrechendes Werk und das zehnbändige Enzyklopädische Handbuch der Behindertenpädagogik, von ihm konzipiert und mit herausgegeben, wird noch lange Standard- und Nachschlagewerk bleiben. Schon früh war ich beeindruckt von dem (fast schon unheimlich) umfangreichen Wissen, das dieser Mann hatte und davon, wie er dieses Wissen dialektisch zueinander in Verbindung setzen konnte um neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Wolfgang Jantzen hat hohe Anforderungen an die Fachlichkeit gestellt, aber nicht um der Fachlichkeit willen, sondern immer mit Blick auf die Menschen, um die es bei dieser Fachlichkeit geht. Studierenden, die sich über den hohen Anspruch seiner Lehre beklagten, soll er einmal gesagt haben: „Wenn ihr was Leichtes studieren wollt, dann studiert doch Physik.“ Behindertenpädagogik befasse ich mit schwierigsten menschlichen Problemen, das könne nicht einfach sein. In einer (für uns Fachleute zuerst manchmal irritierenden) kompromisslosen Art hat er sich für behinderte Menschen eingesetzt und sich in aller Konsequenz auf ihre Seite gestellt.

Zusammen mit Georg Feuser hat Wolfgang Jantzen wesentlich zu einem Wandel in der Behindertenhilfe in Theorie und Praxis beigetragen. Manche wollen es nicht wahrhaben, andere wissen es vielleicht nicht: unser Fachgebiet, wie es heute ist, steht auf den Schultern der beiden. Vieles, was uns heute selbstverständlich erscheint, haben sie gegen heftigen Widerstand in die behindertenpädagogische Welt gestemmt.

Die Homepage von Wolfgang Jantzen www.basaglia.de ist mit zwei Zitaten überschrieben: Zuerst die elfte Feuerbach-These von Karl Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern” und dann ergänzt durch den darauf Bezug nehmenden Rudi Dutschke: „ …es kömmt drauf an, sich zu verändern”.